Nirgendwo sonst in Nepal lässt sich das Mittelalter so hautnah erleben wie in der ehemaligen Königsstadt Bhaktapur. Die Malla-Könige residierten hier zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert und ließen zahlreiche der 172 Tempel während ihrer Regentschaft errichten.
Zwar hatte ein Erdbeben 1934 große Teile der Stadt verwüstet, jedoch startete in den 1970er Jahren das deutsch-nepalesische Bhaktapur Development Projekt, welches die Restaurierung der Bausubstanz zum Ziel hatte.
Ein Besuch in Nepals Kunst-Hauptstadt
Am westlichen Stadtrand Bhaktapurs erwartet die Besucher bereits eine bekannte Sehenswürdigkeit, der Siddha Pokhri. Dabei handelt es sich um einen nahezu 100 Meter langen Wassertank, der niemals komplett geleert wird. Denn der Legende nach soll innerhalb des Tanks eine gigantische Wasserschlange leben, weshalb viele Einwohner sich nicht in die Nähe des Tanks wagen.
Mehr als 150 Musikgruppen und über 100 sonstige Kulturgruppen machen Bhaktapur zur kulturellen Hauptstadt des Landes. Hier finden außerdem regelmäßig Festivals mit traditioneller nepalesischer Musik statt. Als besonders bekannt gelten die Navadapha-Gruppen, deren Gesang von neun verschiedenen Trommeln mit unterschiedlichem Klang begleitet wird. Aufgrund der großen Zahl an engagierten Gruppen ist Bhaktapur außerdem bekannt für die zahlreichen religiösen Feste und Zeremonien.
Bhaktapur beherbergt außerdem drei Museen, die verschiedene Facetten der Landeskultur zeigen: In einem alten Malla-Palast mit zahlreichen originalen Wandmalereien befindet sich seit 1960 die Nationale Kunstgalerie. Deren Sammlung umfasst neben klassischen und antiken Meisterstücken vor allem zahlreiche Thangka-Malereien, also buddhistische Rollbilder mit Darstellungen Buddhas oder von Schutzgottheiten. Die stilistische Entwicklung der nepalesischen Holzschnitzereien zeigt das Museum für Holzschnitzerei im Pujari Math. Das Gebäude ist selbst mit zahlreichen Schnitzereien verziert, etwa mit dem Pfauenfenster. Direkt gegenüber zeigt das Bronze- und Messingmuseum rituelle und alltägliche Gegenstände aus Metall.
Öffentliche Plätze in Bhaktapur
Nur noch wenige der einstmals 99 Gebäudekomplexe rund um den Durbar Square sind bis heute erhalten. Zu den erhaltenen Gebäuden gehört der dreistöckige Palast der 55 Fenster. Der Palast in Bhaktapur gilt als ältester des Kathmandu Valley und dürfte durch die Erweiterung eines Festungsbaus entstanden sein. Eine herausragende Sehenswürdigkeit des Palastes ist das Goldene Tor auf der Westseite. Dargestellt wird die Malla-Schutzgöttin, die vierköpfige Taleju.
Das historische Herz Bhaktapurs bildet der Dattatreya Square, der von einem Bhimsen-Tempel und dem Dattatreya-Tempel gesäumt wird. Letzterer soll das älteste Gebäude der Stadt und der Legende nach aus dem Stamm eines Baumes errichtet worden sein. Er gilt als einer von wenigen Tempeln, die der Göttlichen Dreifaltigkeit, bestehend aus Brahma, Shiva und Vischnu, geweiht ist. Auf der südlichen Seite des Dattatreya Square können Besucher Handwerkern bei der Fertigung der typischen Holzschnitzereien beobachten.
Das Töpferei-Zentrum Bhaktapurs hat sich rund um den Potters´ Square entwickelt. Die Töpfer sitzen hier auf halboffenen Verandas und formen den Ton nach uralter Tradition. Anschließend werden die fertigen Gefäße auf dem Platz zum Trocknen gestellt. Direkt am Potters´ Square befindet sich der Jeth-Ganesh-Tempel, der im Jahr 1646 von einem reichen Töpfer gespendet wurde.
Herausragende Tempelanlagen
Mit einer Höhe von 30 Metern ist der fünfstöckige Nyatapola-Tempel das höchste Heiligtum im Kathmandu-Valley. Seinen Beinahmen „Tempel der Schrecklichen“ verdankt er einer Siddhilakshmi Bhavani-Statue, die als mächtigst tantrische Gottheit gilt. Dieser Tempel wurde 1708 vollendet, überstand das große Erdbeben von 1934 unbeschadet und wurde 1979 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.
Von der typischen Bauform der nepalesischen Tempel, die üblicherweise einen Sockel besitzen, weicht der Bhairavnath-Tempel ab, der Shiva in seiner Forma als Bhairava geweiht ist. Das deutet ebenso darauf hin, dass er auf dem Grundriss eines Wohnhauses errichtet wurde, wie die Tatsache, dass sich das Kultbild nicht auf der Eingangsebene befindet.
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