Zum Jahreswechsel 2016/17 lebten etwa 7,47 Milliarden Menschen auf der Erde. Ein gutes Drittel davon auf einem relativ engen Raum, nämlich in China und Indien. Mit rund 1,39 Milliarden Menschen ist China das bevölkerungsreichste Land der Welt, dicht gefolgt von Indien mit circa 1,33 Milliarden Menschen. Die Bevölkerungsdichte beider Länder betreffend, so teilen sich in Indien jedoch mit im Schnitt 400 Einwohnern weitaus mehr Menschen einen km² als in China (146 E./km²). Verantwortlichen Politikern ist das Problem der Überbevölkerung durchaus bewusst, beide Länder ergreifen jedoch unterschiedliche Maßnahmen zur Lösung. Diese führen allerdings zu absehbaren anderen Problemen wie dem der Überalterung.

Bevölkerung explodiert im 20. Jahrhundert

Obwohl die Bevölkerungsstatistiken für beide Länder bis in die beginnende Neuzeit zurückreichen, gelten diese Zahlen als nicht zuverlässig. Während in China aus politischen Gründen hohe Bevölkerungszahlen propagiert wurden, zählte man in Indien die Bevölkerung auf dem Gebiet von Britisch-Indien, das auch Pakistan umfasste. Zuverlässiges Zahlenmaterial existiert erst seit den 1950er Jahren. Und seitdem hat sich die Bevölkerung in beiden Staaten etwa verdreifacht.

Gründe für das Bevölkerungswachstum

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das hohe Bevölkerungswachstum durch eine hohe Sterblichkeitsrate in etwa ausgeglichen, sodass die Bevölkerung in China und Indien die Bevölkerung nur moderat anstieg. Eine Verbesserung des Gesundheitswesens sowie verbesserte Produktionsmöglichkeiten in der Landwirtschaft sorgten für einen explosionsartigen Anstieg. Denn am eigentlichen Hintergrund für kinderreiche Familien hatte sich bis dahin nichts geändert: Weil eine Altersversorgung, die in den westlichen Staaten im Zuge der industriellen Revolution eingeführt wurde, sowohl in China als auch in Indien fehlte, galten zahlreiche Kinder als einzige Alterssicherung für die Eltern. Der sogenannte Generationsvertrag ist somit in Indien und China auch heute noch sehr fest in der Kultur verankert.

Staatlicher Eingriff oder Selbstregulierung?

Dieser soziale Hintergrund existiert in Indien bis heute. Der Staat hält sich hier weitgehend aus der Bevölkerungspolitik heraus und setzt auf ein besseres Gesundheitswesen und höhere Bildungschancen für Frauen. Das führte dazu, dass das Bevölkerungswachstum auf ca. 1,2 Prozent pro Jahr gesunken ist – was immer noch einem alljährlichen Zuwachs von 15 Millionen Menschen entspricht. Deshalb gehen Experten davon aus, dass Indien China etwa 2025 als bevölkerungsreichstes Land der Erde abgelöst haben dürfte.

Allerdings gibt es in Indien starke regionale Unterschiede. Familien in Städten mit einem hohen Bildungsangebot und relativ gut bezahlten Arbeitsplätzen sind kleiner als auf dem Land. Zudem ist das Bevölkerungswachstum in den nördlichen Provinzen höher als im Süden des Landes.

In China hingegen greift der Staat massiv in die Bevölkerungspolitik ein. Bis in die 1970er Jahre hinein wurden kinderreiche Familien gefördert, weil die politische Führungsriege der Meinung war, ein mächtiger Staat brauche auch eine hohe Bevölkerungszahl. Ein Umdenken setzte hier erst ein, nachdem es im Zuge der von 1966 bis 1976 andauernden Kulturrevolution zu massiven Hungersnöten gekommen war. Zunächst wurde das Heiratsalter heraufgesetzt und die Beschränkung eingeführt, dass eine Familie nicht mehr als zwei Kinder haben dürfe.

Noch strengere Regeln wurden 1979 mit der Ein-Kind-Familie eingeführt, zudem musste bei ungenehmigten Schwangerschaften sofort abgetrieben werden. Ausnahmen wurden nur in sehr beschränktem Umfang zugelassen. Beispielsweise wenn das erste Kind einer Bauernfamilie eine Tochter war. Die Durchsetzung der Ein-Kind-Politik wird jedoch nicht von der Zentralregierung, sondern auf einer niedrigen Verwaltungsebene überwacht. Deshalb wird sie regional höchst unterschiedlich durchgesetzt. Dennoch ist durch dieses rigide Vorgehen das Bevölkerungswachstum auf 0,47 Prozent pro Jahr gesunken.

Wenn die Bevölkerung aus dem Gleichgewicht gerät

Traditionell werden in China und Indien Söhne höher geschätzt als Töchter. Dieses Denken geht auf Jahrhunderte alte Traditionen zurück: Töchter wurden früh verheiratet, womit für die Familie eine Arbeitskraft entfiel. In Indien wird außerdem bis heute von den Eltern erwartet, dass sie ihrer Tochter eine reiche Mitgift mit in die Ehe geben. In beiden Ländern ist es deshalb üblich, das Geschlecht eines Kindes per Ultraschall in einem möglichst frühen Stadium der Schwangerschaft zu bestimmen. Weibliche Föten werden in vielen Fällen abgetrieben.

working population china

Diese Praxis wiederum führt dazu, dass es einen deutlichen Überhang der männlichen Bevölkerung gibt. In Indien, wo Ehen traditionell von den Eltern des Brautpaares arrangiert werden, wird dieses Problem dadurch gelöst, dass junge Männer mit Frauen aus anderen Regionen verheiratet werden. In China hat man auf diese Entwicklung dadurch reagiert, dass die Bestimmung des Fötus im Mutterleib hart bestraft wird. Ein Problem wird in die Zukunft verschoben.

Aktuell zeigt der Rückgang der Geburtenraten den gewünschten Effekt: Das Wirtschaftswachstum wird nicht dadurch aufgezehrt, dass die Bevölkerung schneller wächst als die Wirtschaft. Jedoch ergibt sich aus den niedrigeren Geburtenraten ein anderes, möglicherweise gravierenderes Problem: die Überalterung der Gesellschaft. Während dieses Problem in Indien noch in der Zukunft liegt, zeichnet sich die drohende Überalterung in China bereits ab. An und für sich handelt es sich dabei allerdings nur um ein Verteilungsproblem, denn theoretisch könnte die Erde bis zu 20 Milliarden Menschen ernähren.

Jahr Bevölkerungsentw. China Bevölkerungsentw. Indien
     
1950 565,58 Millionen 361,09 Millionen
1960 650,660 Millionen 439,23 Millionen
1970 820,40 Millionen 548,16 Millionen
1980 984,74 Millionen 683,33 Millionen
1990 1.148,36 Millionen 846,42 Millionen
2000 1.268,85 Millionen 1.28,74 Millionen
2010 1.340,91 Millonen 1.210,19 Millionen
2018 1.396,98 Millionen 1.334,22 Millionen

Bevölkerungsentwicklung in China und Indien – ein Ausblick

Während man als Tourist in Indien häufig durch die große Bevölkerungsdichte durchaus das Gefühl hat, das Land stünde vor der Gefahr einer tickenden demographischen Zeitbombe, so ist diese jedoch heute weitgehend entschärft. Die sinkenden Wachstumsraten zeigen somit eher eine Entwicklung hin zu einer Stabilisierung der Bevölkerung, mit einer Geburtenrate, welche sich seit den 60er Jahren mehr als halbiert hat. Somit bekommt eine Frau in Indien im Durchschnitt (mit nach wie vor großen Unterschieden zwischen der Stadt- und Landbevölkerung) nur noch 2-3 Kinder.

In China ist während dessen durch die vorangegangene Ein-Kind-Politik seit 2017 ein ansteigender Arbeitskräftemangel zu beobachten. Besonders in Gebieten mit strenger Regulierung werden im Jahre 2050 rund 40% der Menschen 65 Jahre alt oder älter sein, was ein erheblichen Bedarf an Arbeitskräften zur Folge haben wird. In China kann somit mit weiteren Lockerungen der heutigen Zwei-Kind-Politik gerechnet werden, um eine zukünftigen Mangel an arbeitender Bevölkerung abzudämpfen.

Seiten:

http://de.wikipedia.org/wiki/Volksrepublik_China#Bev.C3.B6lkerungsentwicklung

http://de.wikipedia.org/wiki/Indien#Bev.C3.B6lkerung

http://www.chinaweb.de/china_kultur/china_geschichte/bevoelkerungswachstum_china/bevoelkerung_ueberbevoelkerung_china.htm#2._Bev%C3%B6lkerungsentwicklung_im_20._Jahrhundert

http://de.statista.com/statistik/faktenbuch/337/a/laender/china/bevoelkerung-in-china/

http://chinanetz.info/blog/china-panorama/bevolkerungsentwicklung-in-china

http://www.dreigliederung.de/news/00082100.html

http://german.china.org.cn/china/2011-01/20/content_21783517.htm

http://www.berlin-institut.org/online-handbuchdemografie/bevoelkerungsdynamik/regionale-dynamik/indien.html

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